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Mikko-Pekka Heikkinen : Rentiermafia

Buchbesprechung von Bettina Dauch, Juli 2020

dt. Erstausgabe: 2020 - Antium Verlag, Wangen (CH)
finn. Originalausgabe: 2016 - Johnny Kniga, Helsinki
Titel der finnischsprachigen Originalausgabe: "Poromafia"
aus dem Finnischen von Beat Hüppin
Jonás-Guhtur Nelihanka, kurz Rouku, ist der mächtigste Rentierbesitzer im Gebiet Utsjoki im äußersten Nordosten Finnlands. Sein Umfeld ist ihm treu untergeben und jederzeit bereit, ihn zu schützen und zu seinem Vorteil Falschaussagen zu machen. Seinen wichtigsten Widersacher Ville Poikkipää ruiniert er mit Hilfe hinterhältiger Strategien und an dessen tödlichem Sturz in die Schlucht Mustakuru soll er auch nicht unschuldig sein. Von Roukus beiden Söhnen soll eindeutig der Erstgeborene Jouni-Sammeli den Betrieb übernehmen. Leider entwickelt sich dieser im Laufe der ersten Lebensjahrzehnte in eine ganz andere Richtung. Mit Ende 30 eröffnet er dem entsetzten Vater, dass er aus dem Rentiergeschäft aussteigt. Unter dem Namen Jyppyrä gründet er einen Schneemobilclub namens Ahma SC (Vielfraß SC) und tritt fortan als dessen Präsident in Erscheinung. Die schwerste Bestrafung, die einem Mitglied der Schneemobilbande im Falle eines Verrats droht, ist keineswegs der Tod, sondern die Deportation ins jenseits der Stadt Oulu gelegene Südfinnland, wo es keine Berge gibt, und keinen Ort, an dem man frei sein kann. Jyppyräs Meinung nach ist die samische Rentierzucht dem Untergang geweiht. Zwischen Vater und Sohn - beide unverbesserliche Machos - und deren Anhängern herrscht bald ein unerbittliches Säbelrasseln. Nelihankas zweiter, sympathischerer Sohn Pieti hingegen ist eher zartbesaitet und entspricht überhaupt nicht dem überholten männlichen Ideal seines Vaters. Er hat Probleme mit Schusswaffen und dem Kastrieren von Rentieren, verfügt jedoch über einen außergewöhnlich guten Draht zu Tieren. Seit einiger Zeit schwindet der Bestand an Flechten in den Rentierweidegebieten und Rouku wird schnell klar, dass es sich hier um kein natürliches Phänomen handelt, sondern offenbar jemand die Flechten stiehlt, und zwar sein abtrünniger ältester Sohn. Zu allem Überfluss bandelt dieser auch noch mit Ville Poikkipääs zäher Witwe Sárá an, die sich nun allein um die Rentierherde und ihren 10-jährigen Sohn Osku kümmert. Polizeihauptmeister Teppo Mulari aus Nurmijärvi, der vor über 20 Jahren nach Utsjoki gekommen und heute einer von zwei Polizeibeamten in der Gemeinde ist, wird auf seine ganz eigene Weise vom mächtigen Rouku instrumentalisiert, während er zu den verschiedenen Machenschaften der Clans ermittelt. Und was macht Jyppyrä plötzlich in Alaska? Dort bereitet er eine Neugestaltung der ganzen samischen Lebensweise vor...
Vor dem Hintergrund des heutigen samischen Lebensstils ist eine leicht absurde Familiensaga entstanden. Man findet jedoch weder eine Romantisierung der samischen Traditionen noch eine Verurteilung einzelner Lebensphilosophien. Für Kenner der Gegend gibt es zahlreiche Wiedererkennungseffekte, während die Verdeutschung des bekannten Supermarkts 'Uulan Säästö' in 'Uulas Ersparnis-Laden' für Belustigung sorgt. Auch sonst wird die Ausdrucksweise immer wieder diskret mit Humor gewürzt. Was die Lektüre etwas zähflüssig macht, ist die Tatsache, dass der Autor die einschlägige Schreibregel "show, don't tell" ("zeigen statt erzählen") weitgehend missachtet und relativ viele für die Geschichte nicht wirklich relevante Details unter anderem in Rückblicke packt. Ein Buch zum Schmökern und Eintauchen in mögliche und unmögliche nordfinnische Widrigkeiten.
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